Seien wir ehrlich: Manchmal handeln wir nicht im eigenen, besten Interesse. Wir denken Dinge, die uns schaden. Wir verrennen uns gedanklich. Wir kreisen im Kopf um immer wieder die gleichen Themen. Wir sind unzufrieden mit unserem Verhalten. Oder wir verhaken uns in unseren eigenen Gefühlen. Wir sind zu oft traurig, gestresst, fühlen uns abgelehnt oder ärgern uns zu häufig über Kleinigkeiten.
Das kannst du so hinnehmen. Oder du übernimmst Verantwortung und nimmst die Sache in die Hand, um etwas zu ändern. Und wenn du das willst, dann ist die Selbsttherapie vermutlich ein Ansatz, der dir gefallen könnte.
Denn hier setzt wendest du gezielten Techniken an, um besser mit Konflikten, Problemen, Stress, Unzufriedenheit oder akuten Belastungen umzugehen. Wie das aussehen kann, erfährst du hier. Aber zuerst einmal zu den Basics der Eigentherapie.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Selbsttherapie?
Eigentherapie oder auch Selbsttherapie ist ein Prozess, der dir hilft, deine Herausforderungen und Probleme zu lösen, Angewohnheiten zu ändern, Ziele zu erreichen und innere Blockaden zu lösen – das ganz ohne Hilfe von außen, wie zum Beispiel der eines Therapeuten. Diese Form der Therapie beruht darauf, dass jeder Mensch Selbstheilungskräfte besitzt und ungewollte Gefühle und Handlungsweisen mit etwas Training regulieren und sogar umprogrammieren kann.
Das bedeutet, dass du über eine Selbsttherapie lernen kannst, aus eigenem Antrieb besser mit Trauer, Enttäuschung, Wut oder Ablehnung umzugehen.
- … von dir selbst geplant wird.
- … von dir selbst initiiert wird.
- … von dir selbst durchgeführt wird.
- … und von dir selbst beobachten und reflektiert wird.
Für wen macht sich selbst therapieren Sinn und für wen nicht?
Um dich selbst zu therapieren, brauchst du vor allem zwei Dinge: Ein gewisses Maß an Umsetzungsstärke und eine gewisse Reflexionsfähigkeit.- Umsetzungsstärke: Damit ist die Fähigkeit gemeint, einen Plan für dich aufzustellen und diesen dann auch systematisch in die Tat umzusetzen. Und das so lange, bis du das Ziel deines Plans erreicht hast.
- Reflexionsfähigkeit: Das bedeutet, dass du dich selbst, deine Gedanken, deine Gefühle und dein Handeln von außen mit etwas Abstand betrachten kannst.
Wenn du also unter einer Depression, einer Essstörung oder einer anderen psychischen Erkrankung leidest, dann solltest du immer professionelle Hilfe suchen und die Formen und Möglichkeiten der Selbsttherapie nur als ergänzende Therapieform nutzen. Denn für bereits belastete Seelen kann die Selbsttherapie die eigene Lage sogar noch verschlimmern. Dasselbe gilt im Übrigen auch für körperliche Erkrankungen.
Psychisch und körperlich gesunde Menschen können Ihre Ziele und Probleme durch einen konsequent angewandte Selbsttherapie auflösen
Bist du also psychisch gesund und willst bestimmte Verhaltensweisen ändern, Gefühle neu programmieren oder an ein konkretes Ziel gelangen, dann ist sich selbst zu therapieren ein sinnvoller Weg, diese persönlichen Ziele zu erreichen.
Sich selbst therapieren: 8 Ansätze und Tipps
Es gibt innerhalb der Selbsttherapie vielfältige Ansätze, die dir helfen, Gedankenmuster zu durchbrechen und alte Angewohnheiten sein zu lassen. Diese Ansätze geben dir das Wissen und die Sicherheit, neue Wege zu beschreiten. Hier will ich dir deshalb einige Ansätze, Gedanken und Tipps mit auf deinen Weg geben.
1. Informiere dich, bevor du loslegst
Ohne ein grundlegendes theoretisches Verständnis über die Methoden zur Selbsttherapie wirst du schwer an dein Ziel kommen. Denn wahlloses Herumprobieren führt schnell zu Frustration und kann deinen Zustand sogar noch verschlimmern, weil das Frustration eben schnell mit einem macht.
Entsprechende Fachliteratur oder vertrauenswürdige Seiten im Internet können ein guter Startpunkt für deine Reise sein. Besonders, wenn du dich gut aus Büchern und Texten selbst weiterbilden kannst. Wenn du also der autodidaktische Typ bist. Wenn nicht kannst du auch Seminare besuchen, in denen Methoden für die Selbsttherapie trainiert werden.
Es gibt zum Beispiel Seminare zum Thema positive Psychologie, energetische Psychologie, EFT, TheWork und so weiter.
2. Eigentherapie als Prävention
Selbsttherapie ist nicht nur ein guter Weg, um Blockaden und Probleme zu lösen. Es ist auch ein guter Ansatz, um diese gar nicht erst entstehen zu lassen. Indem du zum Beispiel ein konstruktives Tagebuch schreibst oder indem du die kleinen Widrigkeiten, Ablehnungen und Verletzungen des Alltags gleich mit den Methoden der Selbsttherapie verarbeitest.
Denn wer ein gesundes Leben führt, wer sich selbst mit viel Selbstmitgefühl annimmt, und sich dem allem auch noch bewusst ist, der hat gute Chancen, dass einen nichts so leicht aus der Bahn wirft.
3. Beobachte dich selbst
Die Selbstbeobachtung und Reflexion ist nicht nur in der Selbsttherapie ein zentrales Element. Auch darüber hinaus ist es ratsam, zu versuchen, die eigenen Gefühle und Reaktionen auf die Taten und Worte anderer mit etwas Abstand und objektiv zu beobachten.
Das ist nicht immer leicht, da wir nur allzu oft unseren Gefühlen mehr Beachtung schenken als dem rationalen Teil in uns. Aber wie so vieles im Leben kann auch die Selbstreflexion und Selbstbeobachtung trainiert werden. Zum Beispiel indem du dir jeden Tag Fragen stellst, wie:
- Was fühle ich gerade?
- Wie nenne ich dieses Gefühl?
- Worüber denke ich gerade nach?
- Welches Thema nimmt gerade meinen Geist ein?
- Wie reagiere ich auf meine Gefühle und meine Gedanken?
- Was macht das mit mir?
Indem du dir diese Fragen jeden Tag mehrmals stellst, etablierst du einen sogenannten inneren Beobachter und deine Gefühle und deine Gedanken verlieren ihre Macht über dich.
4. Sei ehrlich mit dir
Ehrlichkeit ist für viele Menschen das A und O einer jeden Beziehung. Egal ob Freundschaft oder romantische Beziehung – wenn man 100 Menschen fragt, was ihnen am wichtigsten ist, dann antworten 99 davon: „Ehrlichkeit“. Doch wieso sind wir dann so oft nicht ehrlich mit der Person, die uns am nächsten ist, nämlich uns selbst?
Weil wir uns schützen wollen. Denn die Wahrheit tut manchmal weh. Aber wer sich selbst therapieren will, muss zwingend ehrlich mit sich selbst sein. Denn wenn du ganz und gar ehrlich zu dir selbst bist und reflektierst, was du während der Therapie über deine Wünsche und Ängste ans Licht holst, hast du die Chance, erfolgreich etwas zu verändern.
Zum Glück lässt sich auch das lernen. Also ehrlicher mit sich selbst zu sein, die Wahrheit ans Licht zu holen und diese auch auszuhalten. All das kannst du üben. Was dich dann letztlich zu einem echteren und bewussteren Menschen macht.
5. Nimm dir Zeit für die Eigentherapie
Veränderungen brauchen Zeit. Also erwarte nicht, dass sich die Dinge von heute auf morgen zum Besseren wenden. In der Selbsttherapie behandelst du oft Themen, die dich jahrelang begleitet und geformt haben. Diese zu ändern braucht oft einige Wiederholungen und Schleifen. Es wird weiter gute und schlechtere Tage geben.
Weil wir ja keine Roboter sind, sondern Menschen. Wichtig ist nur das Bewusstsein darüber, dass am Ende alles gut wird, wenn du nur standhaft dein eigener Lebenscoach bleibst und deine Ziele im Auge behältst.
Wichtig ist auch, dass du kleine Fortschritte siehst und würdigst. Dass du dir selbst also immer wieder vor Augen führst, dass du vorankommst.
6. Austausch als Motivator
Nur weil du innerhalb der Selbsttherapie auf dich allein gestellt Probleme angehst, heißt das nicht, dass es verboten ist, sich auszutauschen. Ganz im Gegenteil, denn ein Austausch, vor allem mit Gleichgesinnten, tut immer gut. Bevor du also kurz davor bist aufzugeben, weil du es nicht alleine zu schaffen glaubst, such dir eine Person, der du vertraust und sprich mit ihr über deinen Weg.
Du kannst aber auch gezielt nach Selbsthilfegruppen suchen, die gerade mit Ähnlichem kämpfen und ebenfalls die Eigentherapie als Methode gewählt haben. Erlaubt ist, was dir hilft und nur weil du dich selbst therapierst, ist es nicht verboten, sich ab und zu Hilfe zu holen.
Wichtig ist hier nur, dass du dich von Menschen fern hältst, die ihren Selbstwert und ihre Wichtigkeit aus ihrem Schwierigkeiten ziehen. Wenn dir also jemand begegnet, der stolz auf seine Probleme zu sein scheint, dann suche dir lieber andere konstruktive und entwicklungsorientierte Menschen für deinen Austausch.
7. Heilung als manchmal schmerzhaften Prozess annehmen
Am Ende einer jeden Therapieform sollte die Heilung stehen. Doch den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass Heilung und ein gewisser Schmerz oft Hand in Hand gehen. So wie es weh tut, wenn ein gebrochenes Bein wieder zusammenwächst, tut es auch weh, wenn Gefühle neu sortiert werden oder sich Verhaltensweisen ändern.
Ähnlich wie damals, als dein Körper in der Kindheit oft weh tat, weil er gewachsen ist, ist die Selbsttherapie ein manchmal unangenehmer Prozess, weil du innerlich daran wächst. Dich selbst zu therapieren, braucht also viel Zeit, jede Menge Geduld und einen ganzen Haufen Selbstfürsorge.
Dabei verläuft der Prozess auch nie geradlinig. Also sei darauf gefasst, dass du Hürden, Stolpersteine und Rückschritte überwinden musst. Das gehört dazu.
8. Notiere deinen Weg in einem Tagebuch
Schreiben ist immer ein guter Weg, um der Seele etwas Luft zu geben. Selbsterforschendes Schreiben wird zum Beispiel schon seit langem in der Therapie verwendet. Es geht dabei nicht darum, ganze Romane zu erschaffen. Nein, es soll lediglich eine Art Logbuch entstehen, indem du deine Entwicklung und deinen Weg mit all ihren Höhen und Tiefen innerhalb deiner Eigentherapie notieren kannst. So entsteht dann im besten Fall ein ehrliches Gespräch mit dir selbst.
Auch hier helfen dir wieder Fragen, die du in deinem Journal, Logbuch oder Tagebuch regelmäßig beantworten kannst:
- Wie geht es mir?
- Wo stehe ich gerade?
- Was versuche ich gerade?
- Was sind dann die nächsten Schritte?
- Was läuft gut?
- Wo bin ich vorangekommen?
- Wo stecke ich gerade noch ein bisschen fest?
- Was fühle ich?
- Welche Gedanken denke ich über meine Situation?
- Was fehlt mir gerade noch?
- Was bräuchte ich, um einen Schritt weiter zu kommen?
- Wie könnte ich das bekommen?
Diese Fragen kannst du 2-3-mal die Woche schriftlich beantworten, um deinen eigenen Weg zu dokumentieren und festzuhalten. Was dann tatsächlich oft zu neuen und heilsamen Erkenntnissen führt.
Selbsttherapie: So heilst du dich selbst
Das passende Werkezeug, ein bisschen Durchhaltevermögen, eine hohe Selbstbeobachtungsgabe und ein ehrliches Verhältnis zu dir selbst, das auf Selbstliebe basiert – das sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Selbsttherapie. Das sind alles Voraussetzungen, die du selbst mitbringen musst, abgesehen vom passenden Werkzeug, das wir dir hier auf unserer Seite bereitstellen.
Falls du dir das vielleicht noch nicht ganz zutrauen solltest, ist das kein Grund, dich schlecht zu fühlen – vielleicht brauchst du einfach nur den richtigen Anstoß, damit das mit der Selbsttherapie bei dir funktioniert und das ist auch ganz in Ordnung! Denn das Wichtigste bei jeder Therapie ist es, etwas ändern zu wollen und offen dafür zu sein.
Selbsttherapie lernen
Ralf Senftleben
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