Manchmal reagieren andere Menschen komisch.

Anders, als wir das erwartet haben.

Abweichend von gängigen Benimm-Standards.

Ein Freund meldet sich einfach nicht zurück.

Die Schwester ist unfreundlich und kurz angebunden.

Du willst nur einen Termin vereinbaren und der andere tut so, als ob du ihm ins Knie getreten hast.

Dann sind wir irritiert. Oder enttäuscht. Weil wir es nicht verstehen.

Meistens hat das aber gar nichts mit uns zu tun. 

Sondern der andere hat einfach nur Stress. Wir bekommen nur die Auswirkungen seines Stresses zu spüren.

Du kannst auf ganz unterschiedliche Arten mit Stress umgehen.

Der reflektierte und bewusste Mensch weiß, dass er Stress hat. Und dann sagt er:

Du, nimm es mir nicht übel. Ich habe gerade Stress wegen … und deswegen kann ich gerade nicht …

Der reflektierte Mensch reagiert also erklärend und transparent.

Aber viele Menschen können nicht gut bewusst und achtsam mit ihrem Stress umgehen. Manchmal merken sie gar nicht, dass sie Stress haben.

Und dann gibt es eine ganze Reihe von Reaktionen.

• Ich habe Stress und tauche ab und melde mich nicht mehr. Neudeutsch: Ich ghoste jemanden.
• Ich ziehe mich zurück und melde mich nicht mehr von mir aus. Der andere denkt, mir ist der Kontakt nicht mehr wichtig.
• Jemand kommt mit einer Anfrage oder Bitte auf mich zu und ich reagiere aggressiv, weil derjenige gerade noch weiteren Stress zu meinem bestehenden Stress hinzufügt.

Das Stress-Phänomen zu verstehen, ist unglaublich nützlich. In der Kommunikation mit anderen. Aber auch für mich selbst.

Denn wenn jemand Stress hat, dann reagiert er einfach anders, als wenn er entspannt und in seiner Mitte ist.

Stress führt tendenziell zum Ignorieren, Ausweichen, Aufschieben, Fliehen, Schwindeln, Betrügen und Vernachlässigen.

Stress führt dazu, dass wir leicht durchschaubare Ausreden, Entschuldigungen und Geschichten erfinden. Manchmal, ohne es zu merken.

Niemand lügt, weil er es so schön findet. Sondern, um weiteren Stress zu vermeiden.

Stress ist böse, also weg damit.

Ähm, Nein.

Denn Stress kann auch nützliche Dinge: Er bringt uns dazu zu kämpfen, wenn ein Kampf notwendig ist. Und er ist der Motor hinter Leistung und Selbstüberwindung.

Den Stress wegzubekommen ist keine Lösung.

Mal abgesehen davon, dass ich keinen Weg kenne. 

Außer Pillen schlucken oder eine Lobotomie.

Der Trick ist, mit meinem Stress bewusst, reflektiert und achtsam umzugehen.

Das macht unser Leben einfacher.

Den eigenen Stress also zu bemerken. Und im Kopf zu haben, dass der Stress uns leicht zum einfachen, aber destruktiven Weg verführt.

Der beste Weg, mit Stress umzugehen, ist ihn bewusst wahrzunehmen.

Zum Beispiel jeden Tag kurz mein Stressniveau zu notieren, auf einer Skala von 1 bis 10.

Um dem Stress dann Entspannung entgegenzusetzen, wenn nötig

Und natürlich, etwas zu ändern, wenn der Stress mehrere Tage oder Wochen über ein gesundes Maß gestiegen ist.

Und das Thema Stress auf dem Schirm zu haben, hilft uns auch mit anderen. Denn wir können mitfühlender mit anderen Menschen umgehen, wenn wir verstehen, was Stress mit uns macht.

Ich wünsche dir heute die genau richtige Art und die genau richtige Menge von Stress in deinem Leben. 

Und ein wunderbares Händchen, mit deinem Stress klug umzugehen.

Ralf