Trotz Angst mental stark bleiben? Versuche es mal mit einem Mantra

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Hechelnd schleppte ich mich die Treppe zur Tür hinauf. Mein Herz raste. Mein Mund war total trocken. Ich war am Schwitzen und meine Hände waren eiskalt. Oben angekommen, musste ich ein paar Mal nach Luft schnappen. Und schuld daran waren nicht die vielen Stufen …

Ich war ein erwachsener Mann, fühlte mich gerade aber wie ein kleiner Junge, der jetzt nur eins will: Weglaufen!

Die Situation, in der ich mich gerade befand, war mir sehr, sehr unangenehm. Ich hatte das Gefühl, in die Höhle eines Löwen zu müssen. Denn ich stand unmittelbar vor einem ernsthaften Konfliktgespräch. Ich musste etwas ansprechen, wovor ich mich am liebsten gedrückt hätte. Es fiel mir wirklich schwer und ich hatte Angst. Ich wusste aber auch: Es gab keine andere Lösung. Klare Worte sind manchmal eben unerlässlich.

Ich nahm all meinen Mut zusammen und betrat die Höhle des Löwen. Ich habe dieses Gespräch „überlebt“. Und die andere Person war im Nachhinein ebenfalls froh über meine Offenheit. Auch wenn also alles gut gelaufen ist, hat mich diese Erfahrung im Nachhinein noch länger beschäftigt: Wie konnte es sein, dass ich mich als erwachsener Mann plötzlich so wie ein kleines, ängstliches Kind gefühlt habe? Das war für mich eine ziemlich eigenartige Erfahrung.

In dem Moment, als ich vor dieser Tür stand, hätte mir gewünscht, dass jetzt jemand neben mir steht und mir den Rücken stärkt. Jemand, der mir beständig gut zuredet und mir sagt, dass alles gut wird. Jemand, der mir hinterher auf die Schulter klopft und sagt: „Das war wirklich mutig von dir! Hast du gut gemacht.“

Aber als ich vor dieser Tür stand, da war niemand, der mir in dem Moment den Rücken stärken konnte. Da war ich ganz alleine.

So mit seiner eigenen Angst konfrontiert zu werden, das war für mich eine unbequeme Erfahrung. Und ich weiß noch, wie ich mich im Nachhinein gefragt habe:

  • Wie geht man mit solch unangenehmen Momenten eigentlich gut um?
  • Wie kann ich dafür sorgen, dass ich mich in so einer Situation nicht mehr wie ein kleiner Junge fühle, der am liebsten weglaufen würde?
  • Was kann ich für mich konkret tun, um solche Situationen beim nächsten Mal besser zu überstehen?

Wie ein Krieger seiner Angst begegnet

Diese Situation liegt nun schon eine ganze Weile zurück und ich verlor die Fragen aus den Augen. Bis ich dann vor einiger Zeit auf ein Interview mit Eric Greitens stieß.

Eric Greitens war mal Soldat in einer Eliteeinheit. Und dort musste er sehr, sehr viele brenzlige Situationen meistern. Beängstigende Situationen, in denen es z. T. um Leben oder Tod ging. Er ist also ein Experte für den Umgang mit angsteinflößenden Situationen. Über seine Erfahrungen hat er ein Buch geschrieben. Ein Buch, in dem es um „Resilienz“ geht, also um psychologische Widerstandsfähigkeit. Eine für ihn überlebenswichtige Eigenschaft.

Ich hörte mir also dieses Interview mit Eric Greitens zum Thema Resilienz an und dann erzählte er etwas, das mich total überraschte: Er sagte, dass er sich in Situationen, in denen es so richtig schwierig oder auch körperlich schmerzhaft wurde, immer auf sein persönliches Mantra besonnen hat.

Kurz zur Erklärung: Ein Mantra, das ist ein Vers oder ein Wort, das im Hinduismus und im Buddhismus während eines Gebets oder einer Meditation genutzt wird, um den Geist konzentriert zu halten. Das Mantra wird dabei entweder in Gedanken gesprochen, geflüstert oder gesungen. Im westlichen Kulturkreis kommt man mit Mantras zumeist über Yoga oder Meditation in Kontakt. Ein sehr bekanntes Beispiel für ein Mantra ist die Silbe „Om“ (gesprochen Aum).

Zurück zum Interview: Da sitzt also dieser Ex-Elitesoldat und erzählt plötzlich etwas von Mantras … Das passte erstmal irgendwie nicht zusammen und hat mich gleichzeitig ziemlich neugierig gemacht.

Eric Greitens erzählte dann weiter, dass seine persönlichen Mantras ihm dabei geholfen haben, in schwierigen Momenten durchzuhalten. Dass er sich selbst damit immer gut zugeredet hat und so auch in den schwersten Momenten mental stark geblieben ist.

Das Besondere an diesen persönlichen Mantras ist: Sie sind ganz kurz, also nur 2 bis 3 Worte lang. Ein Beispiel für ein persönliches Mantra von Eric Greitens ist „Stay tough“, also „Bleib stark“.

Die Vorteile eines persönlichen Mantras 

Eric Greitens hat also seine eigenen Mantras entwickelt und daraus für sich eine kurze positive Affirmation gemacht. Affirmationen sind nachgewiesenermaßen eine sehr wirksame Form des Mentaltrainings. Insbesondere in Stresssituationen können sie uns dabei helfen, unsere Leistungsfähigkeit zu steigern und Probleme schneller und besser zu lösen. Dies ist also gerade in Momenten, in denen wir unter Druck stehen, eine außerordentlich hilfreiche Methode.

Die Kürze des Mantras macht es mir dabei viel einfacher, mich im Alltag an eine bestimmte Idee oder einen Grundsatz zu erinnern. Und das ist ein unschlagbarer Vorteil, wenn es darum geht, eine bestimmte Idee in der Praxis auch wirklich anzuwenden.

So habe ich es für mich angewendet

Diese Idee eines persönlichen Mantras fand ich so interessant, dass ich sie dann für mich direkt aufgegriffen habe. Denn ich habe mich an die obige Situation erinnert, als ich ängstlich vor der Tür stand und mir gewünscht hätte, dass jetzt jemand neben mir steht, der mir gut zuredet.

Ich hatte mich ja gefragt, was ich das nächste Mal konkret in so einer Situation tun könnte. Und ich hatte das Gefühl, dass so ein persönliches Mantra auch mir eine wichtige mentale Stütze sein könnte. Damit ich aufregende und muterfordernde Situationen in Zukunft besser durchstehen kann.

Also habe ich mir für mich selbst auch zwei persönliche Mantras ausgedacht. Mantras, die mich ganz persönlich emotional ansprechen und mir innere Ruhe und Zuversicht schenken. Das können für jeden von uns ja ganz andere Worte sein und deshalb ist es auch wichtig, dass jeder seine Mantras selbst entwickelt. Man muss es einfach eine Weile lang ausprobieren.

Aber mir nur eigene Mantras auszudenken, das war mir an der Stelle noch nicht genug. So wäre das erstmal nur noch eine neue Idee auf dem Papier.

Den Körper mit einbinden

Ich bin für mich inzwischen dahintergekommen, dass Veränderung bei mir immer auch einen körperlichen Aspekt hat. Wenn ich mich zum Beispiel besser konzentrieren will, dann hilft es mir, mich auf meine Atmung zu fokussieren. Wenn ich nachdenken muss oder etwas verarbeiten will, da hilft es mir, laufen zu gehen. Dinge ganz konkret körperlich zu tun, das hilft mir im Kopf immer weiter.

Unter diesem Aspekt habe ich darüber nachgedacht, wie ich meine persönlichen Mantras noch wirkungsvoller in meinen Alltag einbringen könnte. So, dass es nicht nur bei der abstrakten Idee bleibt.

Die Lösung lag ganz nahe: eine Gebetskette. Die Buddhisten und Hindus verwenden sie zum Zählen der Mantras. Und auch im Christentum kennt man ja den Rosenkranz.

Ich habe mir also eine sogenannte Mala-Kette gekauft und sie um mein Handgelenk gewickelt. Ich gebe zu, es sieht nicht besonders toll aus … Der netteste Spruch, den ich mir von meinen Freunden anhören durfte, war: „Was ist denn das für eine Choco-Pops-Kette? Für den kleinen Hunger zwischendurch …?“ Aber für mich ist es ein spannendes Experiment und dafür nehme ich solche Sprüche sehr gern in Kauf 😉

Für jemanden, der sich solche Sprüche ersparen möchte, ist eine andere Art von Armband vielleicht passender. Es gibt ja Perlenarmbänder in den unterschiedlichsten Versionen. Und jedes Perlenarmband erfüllt die Funktion ebenso wirkungsvoll wie meine Choco-Pop-Kette.

Ich nutze die Kette immer, wenn ich mal irgendwo warten muss oder sonst nichts Besseres zu tun habe, um mir meine persönlichen Mantras vorzusagen und sie einzuüben. Dazu berühre ich eine einzelne Perle an meiner Kette und spreche in Gedanken mein Mantra dazu. Dann gehe ich weiter zur nächsten Perle und wiederhole dieses Vorgehen immer und immer wieder. Dass ich dabei etwas zum Anfassen habe, hilft mir dabei, mich voll auf das Mantra zu konzentrieren. Und ich habe das Gefühl, dadurch dringt es auch tiefer in mein Bewusstsein ein. So übe ich meine persönlichen Mantras im Alltag ein und habe sie dann in dem Moment, wo ich sie wirklich brauche, auch sofort verfügbar.

Was hat es gebracht?

Nachdem ich einen Durchgang mit 108 Perlen der Gebetskette durchgesprochen habe, fühle ich mich hinterher immer ein wenig ruhiger und zuversichtlicher. Das ist aber natürlich nur mein subjektiver Eindruck. Deswegen kann ich nur empfehlen, es mal selbst auszuprobieren.

Sich solche persönlichen Mantras vorzusprechen, das ist ein Trick, der ziemlich einfach umzusetzen ist. Dabei sind zwei Punkte wichtig.

  • Du brauchst ein eigenes Mantra, das mit wenigen Worten auskommt. 
  • Wichtig dabei: Das Mantra muss Bilder in deinem Kopf hervorrufen und dich emotional ansprechen. Wenn du dein Mantra sprichst, muss es gefühlsmäßig etwas bei dir bewirken.

Das sind die beiden Kernpunkte.

Je nachdem, wofür du diesen Trick einsetzen möchtest, können die Mantras ganz unterschiedlich ausfallen. So könnte ein Mantra beispielsweise lauten:

  • „Ruhe und Gelassenheit“,
  • „Bleib jetzt stark“ oder
  • „Erinnere deine Gründe“.

Aber am effektivsten ist es, wie gesagt, wenn du dir dein Mantra selbst ausdenkst.

Als ich damals vor dieser Tür stand, hätte ich mir ja gewünscht, dass jemand neben mir steht und mir gut zuredet. Das tue ich jetzt selbst, mit diesen persönlichen Mantras. Sie sind meine neue mentale Stütze für die Momente, wo es mal schwierig wird. Für mich sind Mantra plus Gebetskette gerade genau das Puzzlestück, was mir noch gefehlt hat. Eine Methode, die mir ganz konkret in dem Moment hilft, wenn ich es brauche.

Solche Momente wie dieses Konfliktgespräch fallen mir sicherlich nicht leicht. Davon bin ich weit entfernt. Aber ich habe jetzt etwas konkret an der Hand, das mir in solchen Momenten hilft. Und so gehe ich da mit einem ganz anderen Gefühl hinein. Eben ruhiger und zuversichtlicher. Und das ist doch schon mal ein sehr guter Anfang.

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