Bei meinem letzten Umzug wollte ich gerne viele meiner Möbel loswerden. Einige waren schon viele Jahre alt, aber noch funktionstüchtig. Die wollte ich gerne verschenken. Andere waren noch nicht so alt und die wollte ich für kleine Preise verkaufen.
So stellte ich meine Angebote in Gruppen in sozialen Netzwerken ein sowie auf einem Onlineportal für Kleinanzeigen.
Es meldeten sich auch einige Leute. Gerade bei den zu verschenkenden Sachen.
Das freute mich sehr. Denn es gab mir ein gutes Gefühl, meine lieb gewonnenen Sachen in guten Händen zu wissen.
Ich versuchte dann, mit den Personen, Termine zum Abholen zu finden. Habe Termine verschoben und auf tolle Dinge verzichtet, die ich bei dem schönen Wetter viel lieber gemacht hätte.
Und dann war es so weit. Ich sitze zu Hause und warte. Und warte. Und warte. Und erst auf meine Anfrage kommt dann immer wieder die Reaktion: keine Zeit, Auto kaputt, doch kein Interesse mehr.
Ich merke, wie ich richtig ärgerlich werde. Da habe ich schon zig Termine vorgeschlagen, zigmal geschrieben … Und dann sagt der Interessent noch nicht mal von sich aus ab, aber verlangt einen neuen Termin.
Und ja, selbst, wenn mal jemand kam, um meine schönen Möbel abzuholen, kam es doch immer wieder anders als erwartet.
Eine junge Frau möchte mein altes Regal und das Sideboard, das vorher nicht abgeholt wurde. Sie kommt auch, wenn auch eine halbe Stunde zu spät. Einen Kopf kleiner noch als ich. Ein dünnes Hemdchen.
Ich: „Hast du niemanden mitgebracht zum Helfen?“
Sie: „Nein, kannst du mir nicht helfen?“
Ich: „Nein, tut mir leid, kann ich nicht – ich muss gerade meinen eigenen Umzug organisieren.”
So geht es weiter und weiter. Und ich merke, dass ich richtig frustriert werde. Ich hatte gedacht, ich schaffe Situationen, die für alle Beteiligten etwas Gutes bringen.
Doch jetzt bin ich enttäuscht. So richtig, richtig enttäuscht, merke ich.
Wie entsteht Enttäuschung?
Ich hatte daran geglaubt, dass die Menschen, die die Sachen haben wollen, genau so ticken wie ich.
Sich an verbindliche Absprachen halten. Oder sich zumindest so respektvoll verhalten und absagen. Das wäre ja kein Problem gewesen, denn dann hätte ich gewusst, woran ich bin.
Doch dem war nicht so.
Meine Erwartungen waren wohl zu hoch. Ich hatte intuitiv von anderen Menschen geglaubt, dass sie sich so verhalten, wie ich es tun würde. Doch darin besteht für mich die Täuschung, die sich in dem Wort „Enttäuschung“ verbirgt.
Denn andere Menschen verhalten sich äußerst selten so, wie man es selbst tun würde.
Und genau so entsteht Enttäuschung. Durch unrealistische Erwartungen.
Wenn du dir wünschst, dass etwas Bestimmtes eintritt oder dass jemand anders auf eine bestimmte Weise auf etwas reagiert. Und das passiert dann aber nicht oder sogar ganz anders.
Dann bist du enttäuscht.
Und je mehr du dir ausmalst, wie toll es sein wird, umso größer kann die Enttäuschung ausfallen, wenn dem dann nicht so ist.
Wieso bist du enttäuscht?
Bei mir war es die gefühlte Respektlosigkeit der Leute.
Aber insgesamt gibt es natürlich eine Menge unterschiedlicher Gründe für Enttäuschung:
- Andere Menschen, wie den Partner, Freunde, Familie oder Unbekannte. Weil sie nicht so reagieren, wie erwartet.
- Du selbst. Weil du deine Erwartungen an dich selbst nicht erfüllen konntest.
- Misserfolge. Wenn deine Wünsche nicht in Erfüllung gehen.
Wie kannst du mit der Enttäuschung umgehen?
Jetzt saß ich da also mit meiner Enttäuschung. Und auch dem Ärger und der Wut, die damit in mir hochkamen.
Ich hätte einfach weiter auf diese Leute schimpfen können. Und mir weiter einreden können, wie schlecht die Welt doch ist.
Doch dann sprach ich mit Freunden darüber. Und je mehr ich darüber sprach, desto bewusster wurde mir, wie es eigentlich zu dieser Enttäuschung kam.
Mir wurde deutlich, dass ich eben durch meine Erwartungen selbst einen Anteil daran hatte, dass dieses unangenehme Gefühl bei mir entstand.
Und dass ich jetzt aber die Chance habe, aus dieser Situation etwas für mich zu lernen. So dass ich beim nächsten Mal vielleicht weniger enttäuscht sein werde.
5 Fragen, mit denen du deiner Enttäuschung die Macht nimmst
Schlussendlich haben mir bei dieser Selbstreflexion diese 5 Fragen weitergeholfen:
- Was war überhaupt meine Erwartung?
- War diese Erwartung vielleicht zu hoch? Woran kann das gelegen haben?
- Was habe ich dazu beigetragen, dass diese Erwartung nicht erfüllt wurde?
- Was kann ich beim nächsten Mal anders machen?
- Gibt es auch Ausnahmen zu der Situation? Also Momente, wo es doch schon mal anders gelaufen ist? Wann ist es schon mal gelungen?
Diese 5 Fragen haben bei mir einen interessanten Perspektivwechsel verursacht.
Und mir gleichzeitig dabei geholfen, die Enttäuschung zu überwinden.
Die 5 Fragen im konkreten Beispiel
Damit du eine Ahnung hast, was genau das bei mir bewirkt hat, hier mal meine Antworten auf die Fragen in dieser einen Situation:
- Frage 1: Was war meine Erwartung?
Meine Erwartung war, dass die Menschen die Sachen zu dem vereinbarten Zeitpunkt abholen und selbst Helfer zum Abholen organisieren. Und dass sie sich melden, falls was dazwischenkommt. - Frage 2: War diese Erwartung vielleicht zu hoch? Woran kann das gelegen haben?
Ja, scheinbar. Ich habe insgesamt das Gefühl, dass Verbindlichkeit bei vielen (nicht bei allen!!) Menschen weniger wichtig wird. Das merke ich auch in anderen Situationen im Leben. Das hätte ich hier vielleicht schon erahnen können. - Frage 3: Was habe ich dazu beigetragen, dass diese Erwartung nicht erfüllt wurde?
Es ist ja das erste Mal, dass ich Möbel auf diese Art abgeben wollte. Und ich habe keine klaren Bedingungen zu den Angeboten geschrieben. Also, dass ich eben im 3. Stock wohne und dass man sich selbst jemanden zum Helfen mitbringen muss. Und ich war wohl auch zu kompromissbereit, was die Termine angeht. - Frage 4: Was kann ich beim nächsten Mal anders machen?
Entweder mache ich ganz klare Aussagen mit ganz klaren Vorgaben in Bezug auf Termin, Etage etc. Und ich regle das auch nicht per Nachrichtenfunktion, sondern nur noch per Telefon.
Oder, wenn mir der Aufwand einfach zu groß dafür ist, dann rufe ich direkt bei einem Sozialkaufhaus an. Die freuen sich nämlich wirklich über gute Möbelspenden 🙂 - Frage 5: Gibt es Ausnahmen? Oder war das vielleicht schon mal anders? Wann ist es schon mal gelungen?
Ja, es gab auch Ausnahmen. Nicht alle waren so. Eine junge Frau war so unheimlich glücklich, dass sie ein paar Möbel von mir geschenkt bekam. Weil sie gerade erst ausgezogen war. Und sie hat sich auch direkt darum gekümmert, dass sie Helfer hat und dass der (vorgegebene!) Termin klappt. Da hab ich doch auch noch gern was zu trinken verteilt. Und auch die andere Frau hat sich sehr über die Möbel gefreut, auch wenn nicht alles so reibungslos geklappt hat.
Geh die Sache anders an – und du wirst viel seltener enttäuscht sein
Je mehr mir durch diese Fragen deutlich wurde, was ich selbst dazu beigetragen habe, dass es zu der Enttäuschung kam, desto ruhiger konnte ich wieder werden.
Die Enttäuschung war zwar immer noch da und ich bin auch immer noch entsetzt, dass so viele Menschen sich nicht an Absprachen halten.
Aber ich habe gelernt, dass ich in Zukunft anders an die Sache herangehen werde. Weniger Erwartungen an andere stelle und dafür klarer habe, was ich selbst geben will und was nicht.
Erste Hilfe bei Enttäuschungen
Vielleicht fällt dir selbst ja auch gerade spontan eine Situation ein, in der du sehr enttäuscht wurdest.
Dann kann es dir helfen, dir auch nachträglich ruhig noch mal diese 5 Fragen zu stellen.
Oder vielleicht fallen dir selbst noch andere Fragen ein. Dann kannst du dadurch ein anderes Bild von der Situation bekommen und erkennen, was du selbst beim nächsten Mal anders machen kannst.
Um dich selbst vor negativen Gefühlen zu schützen. Und stattdessen mehr von dem zu bekommen, was realistisch zu erwarten und gut für dich ist.
Du wirst Enttäuschung nie komplett vermeiden können. Denn das würde bedeuten, dass du dich einigeln müsstest.
Aber du kannst lernen, anders mit ihnen umzugehen. So, dass sie dich nicht mehr so sehr runterziehen.
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