Vor ein paar Tagen schreibt mir eine Leserin, wie man denn eine neue Heimat finden könnte.
Denn Ihr Partner hat sie verlassen, ihre Kinder sind sowieso verstreut im Land. Deswegen ist sie jetzt frei darin, ihren neuen Lebensmittelpunkt zu wählen.
Eine neue Heimat sozusagen.
Wo will ich wohnen?
Aber wie wählt man ein neues Zuhause?
Einen Ort, an dem du dich wirklich wohlfühlst.
Einen Ort, an dem du nicht wegwillst, weil es eben deine Heimat ist.
Wie finde ich eine neue Heimat?
Viele werden diese Frage wahrscheinlich gar nicht verstehen.
Denn die Heimat ist doch die Heimat. Also da, wo man aufgewachsen ist. Da, wo man gerade wohnt. Da, wo die eigenen Freunde sind. Da, wo meine Familie ist.
Weltenbummler vs. Heimatverbunden
Ich kenne viele Menschen, die wohnen seit 70 Jahren im selben Ort. Für diese Menschen ist die Heimat das, was du kennst.
Aber das gilt ja nicht für uns alle.
Ich bin zum Beispiel mit 28 Jahren von Berlin nach Hamburg gezogen. Dann von Hamburg aufs Land. Und dann bin ich noch 4 weitere Male umgezogen.
Jetzt wohne ich schon seit 9 Jahren an einem Ort und dieser Ort ist mir das erste Mal seit Berlin wirklich wieder eine neue Heimat geworden.
Weil ich hier mit meiner Frau lebe. Weil meine Kinder hier zur Schule gehen. Weil meine Freunde hier wohnen und ich hier sozial gut eingebunden bin.
Für mich ist meine Heimat also da, wo die Menschen wohnen, die mir wichtig sind.
Es ist nicht immer nur das Wetter
Eine neue Heimat zu finden, das hat also für mich gar nicht so viel mit der Geografie zu tun.
Und klar, ich liebe auch das Meer.
Ich mag es, wenn es warm und der Himmel blau ist. Und wenn ich barfuss und in kurzen Hosen herumlaufen kann.
Vielleicht ziehe ich irgendwann nach Gran Canaria, weil das Wetter dort besser ist. Aber nur, wenn meine Frau mitkommt und uns hier nichts mehr hält.
Denn was nützt mir das beste Wetter, wenn ich allein bin und keine Freunde habe.
Für mich ist die Heimat da, wo meine Lieben wohnen.
Aber das muss ja nicht für jeden so sein.
Andere sagen, meine Heimat ist da, wo ich mich auskenne, wo ich die Regeln kenne, wo ich dazugehöre, weil ich dort geboren bin.
Was es dann schon automatisch schwierig macht, wenn ich in ein anderes Land ziehe. Selbst wenn das Wetter dort noch so toll ist.
Heimat ist da, wo ich mich auskenne
Wenn Heimat in erster Linie Sicherheit, Wiedererkennung und Bequemlichkeit für mich bedeutet, werde ich wahrscheinlich sehr lange brauchen, bis ich mich woanders wieder zu Hause fühle.
Wenn du also überlegst, was für dich eine neue Heimat sein könnte.
Vielleicht einfach theoretisch.
Oder weil du einen Blick in die Zukunft wirfst und für die Zeit planst, wenn die Kinder aus dem Haus sind.
Oder weil du an einem Wendepunkt in deinem Leben stehst, wo die Würfel sowieso gerade neu geworfen werden.
Wenn du also überlegst, was für dich eine neue Heimat sein könnte.
Geh mal ganz systematisch an die Frage heran
Dann überlege doch zuerst einmal, was Heimat für dich wirklich bedeutet.
Welche Kriterien muss ein Wohnport erfüllen, damit du ihn auch als Heimat empfinden kannst.
Welche Menschen müssen in deiner Nähe sein? Oder ist dir das egal?
Welche Rollen spielen Freundschaften und soziale Kontakte für dich? Und wie einfach wird es wahrscheinlich sein, an deinem geplanten Ort neue Freundschaften und einen neuen sozialen Kreis aufzubauen?
Wie gut kommst du damit klar, wenn du nicht richtig dazugehörst, sondern immer ein bisschen der Fremde sein wirst?
Wie freundlich sind die Menschen an einem Ort zu Zugezogenen? Oder wo spielt es keine Rolle, weil es viele, viele Zugezogene gibt. Wie zum Beispiel in den meisten Großstädten?
Fragen über Fragen, die man sich stellen kann, um eine neue Heimat zu finden. Oder um eine mögliche neue Heimat zu untersuchen.
Stelle die richtigen Fragen
Das Wetter kann natürlich eine Rolle spielen, wenn du wetterfühlig bist oder unter manchen Wetterlagen wirklich leidest.
Die Sprache kann eine Rolle spielen.
Großstadt, Kleinstadt, Dorf oder Alleinlage.
Wovon wirst du in deiner neuen Heimat leben?
Vielleicht liebst du das Meer so sehr, dass nur dort deine Heimat sein kann.
Vielleicht liebst du die Berge so sehr, dass deine Heimat im Schatten eines Gipfels liegen muss.
Wenn du auf der Suche nach einer neuen Heimat für deinen nächsten Lebensabschnitt bist …
… dann kann man sich mit dem Verstand schon ziemlich weit an die guten Möglichkeiten annähern.
Wenn du über Dinge nachdenkst, wie Klima, kulturelle Angebote, ärztliche Versorgung, Lebenshaltungskosten, den Arbeitsmarkt, Steuern, innere Sicherheit oder über die Bevölkerungsdichte.
Also über all die Dinge, die für dich wichtig sein könnten.
Indem du dir die richtigen Fragen stellst, kannst du auf jeden Fall schon einmal viele Kandidaten ausschließen.
Heimat ist ein Gefühl
Aber ich vermute mal sehr stark, dass Heimat in erster Linie ein Gefühl ist.
Ein Gefühl, das uns sagt: Hier gehöre ich hin. Hier kenne ich mich aus. Hier bekomme ich, was ich brauche. Hier weiß ich, wo es lang geht. Hier komme ich auf allen Ebenen gut zurecht.
Ob ich an einem anderen Ort letztlich dieses Gefühl spüre, das kann ich wahrscheinlich immer erst sagen, wenn ich eine Weile an dem anderen Ort gelebt habe.
3 Wochen an einem Ort Urlaub machen, das reicht nicht. Urlaub ist nicht das richtige Leben.
Um ein realistisches Gefühl zu entwickeln, muss ich diesen Ort in meinem normalen Alltag erlebt haben. Also wirklich dort leben.
Wir können unser zukünftiges Lebensglück schlecht abschätzen
Denn wir schätzen unser Lebensglück und unsere Lebenszufriedenheit an anderen Orten wirklich oft falsch ein.
Laut dem Statistischen Bundesamt kehren 3 von 4 deutschen Auswanderern innerhalb von 10 Jahren wieder zurück.
Das deutet wohl darauf hin, dass unsere Träume des Lebens in einem anderen Land sich oft nicht erfüllen.
Ob ein Ort wirklich zu einer neuen Heimat werden kann, das kannst du mit dem Verstand wohl nur schwer herausfinden.
Das kannst du also nur ausprobieren.
Vielleicht ist es also doch einfacher, zu Hause zu bleiben und mir zu überlegen, was mir an meinem Wohnort zu meinem Glück noch fehlt.
Um mein Leben dann in dieser Hinsicht zu gestalten.
Vielleicht liegt es ja daran, dass ich mich hier nicht wohlfühle, weil mir Freunde fehlen. Oder weil es mir hier zu laut und quirlig ist. Aber das alles sind ja Dinge, an denen wir etwas ändern können.
Wie finde ich also eine gute neue Heimat?
Einen Ort, an dem ich mich wirklich wohlfühle.
Einen Ort, an dem ich das Gefühl habe, dass ich dort hingehöre.
Heimat muss man ausprobieren
Wirklich finden tust du diesen Ort wohl nur, indem du dort ausreichend lange Zeit verbringst.
Indem du ins kalte Wasser springst und wirklich umziehst. Oder indem du deinen Lebensmittelpunkt für ein Jahr dorthin verlagerst.
Aber vielleicht ist dein Wohnort ja auch gar nicht das Problem. Vielleicht könntest du das Gefühl von Heimat auch relativ einfach durch ein bisschen Lebensgestaltung herstellen.
Indem du dir überlegst, was dir an deinem Wohnort noch fehlt und wie du das in dein Leben bringen kannst.
Das wäre mein Ansatz, wenn ich das Gefühl hätte, dass ich dringend eine neue Heimat bräuchte.
Es ist wie eigentlich immer:
Eine gute Entscheidung treffen
Hör auf deinen Bauch. Aber auch auf deinen Verstand. Probiere es aus. Und lass dir ein Hintertürchen offen, falls du dich falsch entschieden hast.
So kannst du vorgehen, um eine neue Heimat zu finden.
Nur falls das für dich irgendwann mal eine Rolle spielt.
Mögen die Götter der Lebensgestaltung dir immer gewogen sein.
Alles Gute für dich.
Ralf
