Wenn du dich mit dem Bereich Persönlichkeitsentwicklung beschäftigst, bist du bestimmt schon einmal über das Resonanzprinzip gestolpert. Das ist die Idee, dass alles, was uns passiert, irgendwie etwas mit uns selbst zu tun hat.
Es gibt ja das Sprichwort:
„Wie du in den Wald hineinrufst, so schallt es auch zurück.“
Dieser alte Spruch beschreibt so ungefähr das Resonanzprinzip.
Wir alle rufen ständig bewusst oder unbewusst Dinge in den sprichwörtlichen Wald. Oder sagen wir besser: in die Welt. Damit sind aber natürlich nicht nur unsere Worte gemeint, sondern noch mehr unsere Taten.
Und die Stimme, die aus der Welt zurückkommt, hat meistens etwas damit zu tun, was wir vorher in die Welt hineingesprochen haben.
Es kann aber auch etwas aus der Welt zurückkommen, weil wir vorher etwas NICHT in die Welt gegeben haben. Das heißt, auch Unterlassungs-Sünden spielen beim Resonanzprinzip eine Rolle.
Ein nützliches Denkmodell
Unter den Verfechtern des Resonanzprinzips gibt es übrigens auch die, die sagen, dass dieses Prinzip immer und überall gilt; dass also grundsätzlich ALLES, was uns passiert, etwas mit uns selbst zu tun hat. Diese eher dogmatische Sichtweise teile ich persönlich nicht. Denn unser Leben hängt immer auch von Dingen ab, die jenseits unseres Einflusses liegen.
Für mich ist das Resonanzprinzip eher ein nützliches Denkmodell. Dieses Denkmodell hilft mir, in unerwünschten oder schlichtweg hässlichen Situationen über meinen Anteil an der Sache nachzudenken. Das Resonanzprinzip erlaubt mir hier, aus kniffeligen Situationen zu lernen, damit ich es das nächste Mal besser machen kann.
Ich sage mir dann:
- O. k., du hast hier eine Situation, die du dir anders gewünscht hättest.
- Und wenn ich ehrlich mit mir bin, habe ich bestimmt etwas in die Welt gegeben, das diese Situation mit hervorgebracht hat.
- Oder ich habe vergessen, etwas zu sagen oder zu tun, so dass es dazu kommen konnte.
- Ich sage nicht, dass ich alleine Schuld bin. Ich sage nur, dass ich auch meinen Anteil an der ganzen Sache habe.
- Also, was genau war mein Teil an dieser Situation?
- Und was kann ich das nächste Mal anders machen, damit diese Geschichte das nächste Mal nicht mehr passiert?
Diese Fragen zeigen so ungefähr den Denkprozess, mit dem man aus seinen Fehlern lernen kann.
Bei sich ansetzen
Wenn man das Resonanzprinzip anwendet, dann schaut man in erster Linie auf sich selbst und weniger auf die anderen, die an der Situation beteiligt waren. Das ist eine höchst pragmatische Sichtweise, denn bei uns selbst können wir am einfachsten ansetzen, um für die Zukunft etwas zu ändern.
Andere Menschen können wir dauerhaft kaum ändern. Auch nicht die Umgebung oder die Welt, in der wir leben. Aber uns selbst können wir ändern. Das ist zwar auch nicht immer einfach. Aber es ist ganz oft die einzige Chance, die wir haben, wenn wir etwas ändern wollen.
Nicht nach dem Schuldigen suchen
Und wenn dir etwas Unangenehmes passiert ist, such besser auch nicht nach dem Schuldigen.
Warum soll man das nicht machen?
Weil es ja nie nur EINEN Schuldigen gibt. Alles, was passiert, ist das Resultat von vielen, vielen Menschen, Umständen und Einflüssen.
Wir möchten zu unserer eigenen Entlastung zwar gerne einen einzigen Schuldigen haben, damit wir es nicht gewesen sind. Und damit es jemand gibt, auf den wir unseren Zorn konzentrieren können. Und damit es jemand gibt, den wir bestrafen und dann zur Tagesordnung übergehen können. Aber das Bestrafen des Schuldigen ändert ja selten das System, das den „Schuldigen“ hervorgebracht hat. Und damit haben wir nur das Symptom bekämpft und nicht die Ursache. Und wir haben dann schnell wieder den gleichen Salat.
Nach dem Resonanzprinzip gibt es keinen einzelnen Schuldigen. Sondern es gibt immer nur eine Reihe von Menschen, die durch ihr Tun oder ihre Unterlassungen einen Anteil an der augenblicklichen Situation haben.
Und die Suche nach einem Schuldigen ist zwar seelisch kurzfristig entlastend. Aber sie kann auch wirksam verhindern, dass man seinen eigenen Anteil an einer Situation sieht und für die Zukunft etwas daraus lernt.
Entspannt mit der eigenen Unzulänglichkeit umgehen
Wenn wir uns immer auf unseren eigenen Anteil konzentrieren, dann kommen wir manchmal zwangsläufig mit unserer eigenen Unzulänglichkeit, mit unseren Schwächen und unseren wunden Punkten in Berührung. Das macht natürlich nur bedingt Spaß und das auszuhalten, muss man auch erst einmal lernen.
Hier ist es wichtig, möglichst entspannt und verständnisvoll mit sich selbst umzugehen.
Mach dir bitte klar, dass jeder von uns eine Menge Unfertigkeiten, Baustellen und Reizpunkte mit sich rumschleppt. Das trifft auch auf dich zu. Genau wie auf mich. Oder auf deinen Chef. Und auf deine Eltern. Das gilt einfach für uns alle.
Und das ist es auch, was das Menschsein interessant macht. Wenn wir perfekt wären, dann wären wir vollkommen und komplett langweilig. Und unser Leben wäre ohne Höhen und Tiefen. Erst unsere Schwächen machen uns menschlich, interessant und letztlich auch liebenswert.
Sagen Sie sich also oft Dinge wie:
- „Ja, ich habe meine Fehler. Manche meiner Fehler akzeptiere ich, wie sie sind. An anderen arbeite ich.“
- „Es ist nicht meine Aufgabe, perfekt zu sein.“
- „Ja, ich habe einen Fehler gemacht und ich bin da auch nicht stolz drauf. Aber das bedeutet nicht, dass ich ein schlechter Mensch bin. Das bedeutet nur, dass ich – wie jeder von uns – ein unfertiger Mensch bin.“
- „Zum Menschsein gehört es dazu, Fehler zu machen. Und solange ich meine Fehler sehe und daraus etwas lerne, ist das auch vollkommen in Ordnung.“
Das eigene Leben beleuchten
Das Resonanzprinzip ist ein sehr praktisches Instrument, um über sich selbst und den eigenen Wachstumsprozess nachzudenken.
Denken Sie doch mal kurz über Ihr Leben nach:
- Wie zufrieden bist du mit deiner Lebensqualität? Bist du hier zufrieden? Oder eher nicht?
- Wie sieht es mit deinem Beruf aus? Bist du mit deiner Situation zufrieden oder darf es gerne anders werden?
- Was ist mit deinem Liebesleben? Ist hier alles gut oder gibt es Verbesserungsmöglichkeiten?
- Wie steht es mit deinen Finanzen? Stimmt hier alles? Oder muss sich etwa ändern?
Und dann fragst du dich:
- Was habe ich in die Welt gegeben, das dazu beigetragen hat, dass ich in dieser Situation gelandet bin?
- Bei unerwünschten Situationen: Was hätte ich anders machen müssen, um vielleicht nicht in dieser Situation zu landen, in der ich heute bin?
- Oder was müsste ich vielleicht in die Welt geben, um etwas zu ändern?
- Oder was sollte ich nicht mehr in die Welt geben, um etwas zu ändern?
Hier macht es auch oft Sinn, Menschen zu fragen, die einen gut kennen und die einem wirklich wohlgesonnen sind. Denn andere sehen oft viel klarer, was wir in die Welt geben, als wir selbst.
Das Resonanzprinzip hilft dir, mehr Verantwortung für dich und dein Leben zu übernehmen. Es hilft dir dabei, zu lernen und zu wachsen. Es hilft dir, nicht immer gleich nach einem Schuldigen zu suchen und deinen Anteil an deiner Situation zu erkennen. Und es kann dir auch helfen, mit der Zeit mehr Verständnis für dich selbst zu entwickeln.
Oder, um es auf den Punkt zu bringen:
Das Resonanzprinzip ist Persönlichkeitsentwicklung in Reinform.
Das könnte dich auch interessieren:
-
Selbsterkenntnis ist das A und O für ein bewusst gelebtes Leben. Mit 13 Fragen findest…
-
Persönlichkeitsentwicklung ist der Schlüssel zu einem unabhängigen Dasein. Mit diesen Prinzipien führst du Regie in…