Langsam und gemächlich schreitet sie um die Straßenecke. Sie versteckt sich nicht, auch wenn sie schon wieder von weitem die Silhouetten derer sieht, die mit dem Finger auf sie zeigen. Sie weiß genau, es ist lediglich der Neid der sie dazu antreibt und die Unsicherheit, aber manchmal schmerzt es dennoch.
“Sie ist hochnäsig.” sagten sie.
“Sie fühlt sich als etwas Besseres.” behaupteten sie.
In der heutigen Welt ist sie nicht mehr so angesehen wie damals, das hat sie mittlerweile einsehen müssen. Aber was hat sie denn nur falsch gemacht? Sie hatte sich nicht verändert. Aber die Welt um sie herum hatte sich verändert.
Sie schlich die Straße entlang und schaute in ein Fenster. Ein Wohnzimmer, die Eltern und ihre zwei Sprösslinge. Die Kleinen sitzen mit leerem Blick auf dem Boden und lassen sich von den flimmernden, bunten Bildern unterhalten. Auf den drei Büchern im Regal türmt sich der Staub. Sie ist einfach nicht mehr modern, dabei hatte sie geglaubt zeitlos zu sein.
Plötzlich steht der kleine Junge auf und kommt zu ihr ans Fenster. Interessiert schaut er ihr in die Augen.
“Wer bist du?”
Überrascht und erfreut über so viel Aufmerksamkeit stutzt sie kurz.
Als sie antworten will, blökt die Mutter des Jungen los: “Was willst du denn von der? Komm wieder Fernsehen! Die Werbung ist zu Ende!” Mit einem lauten Knall schließt sie das Fenster.
“Ich bin die Intelligenz.” flüstert sie nur und schleicht mit hängendem Kopf davon.
Von Melanie Geilker