Psychologische Projektion: Projizieren Sie auf andere?

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Wissen Sie, was eine Projektion ist? Das ist ein tiefenpsychologisches Konzept. Und wenn Sie wirklich verstanden haben, wie Projektionen funktionieren, dann gewinnen Sie deutlich mehr Einfluss über Ihre Gefühlswelt und damit auch über Ihr Leben.

Also … was ist nun eine Projektion? Vereinfacht gesagt ist es eine Projektion, wenn wir anderen Menschen Eigenschaften, Schwächen oder Probleme zuschreiben, die wir selbst offen oder versteckt in uns tragen.

Also wenn ich zum  Beispiel jemandem vorwerfe, dass er egoistisch ist, obwohl ich eigentlich selbst egoistisch bin. So etwas bei sich zu erkennen ist natürlich extrem schwer. Und wenn wir es schaffen, unsere eigenen Projektionen aufzudecken, gewinnen wir ein erstaunliches Stück Macht über unser eigenes Leben zurück.

Wenn wir projizieren, übertragen wir also unsere eigenen Themen, Ängste oder Sorgen auf andere Menschen. Und das Gemeine ist, dass wir es im Normalfall nicht merken. Man nennt das übrigens auch: von sich auf andere schließen.

Wer es zum Beispiel selbst nicht so genau mit der Wahrheit nimmt, der unterstellt anderen Menschen oft, dass sie nicht die Wahrheit sagen.

Oder nehmen wir zum Beispiel an, ich habe Probleme mit meinem Selbstvertrauen. Und dann treffe ich auf einen Menschen, der ganz offensichtlich von seinen Fähigkeiten überzeugt ist. Dann kann es schnell passieren, dass ich diesen Menschen angeberisch, doof und unsympathisch finde. Weil ich es als unangenehm empfinde, wenn jemand offen Selbstvertrauen zeigt und sich selbst lobt. Das ist nicht o. k. Weil ich mir das ja auch nicht erlaube.

Oder wenn ich gerade von einem Freund enttäuscht wurde, dann sehe ich überall nur noch Menschen, die nicht vertrauenswürdig sind. Und ich erzähle allen Bekannten und Freunden, dass sie sich bloß vorsehen sollen, weil man den Menschen nicht trauen kann, selbst denen, die man gut kennt.

Oder wenn ich gerade selbst eine Diät angefangen habe, fordere ich alle anderen Menschen auch auf, dass sie doch jetzt mal auf ihre Gesundheit achten sollten.

Oder eine Frau wurde gerade von ihrem Partner betrogen und plötzlich sieht sie bei all ihren Freundinnen Signale, dass diese ja ganz offensichtlich auch betrogen werden.

Man sagt ja, dass die Schönheit im Auge des Betrachters liegt. Übertragen auf Projektionen könnte man sagen, dass auch die Hässlichkeit mehr in unseren Augen wohnt als in der Wirklichkeit selbst. Wenn wir uns über andere aufregen, sehen wir also in erster Linie uns selbst und unsere Eigenschaften, unsere Ziele und vor allem unsere Werte. Was wir in der Welt da draußen sehen, wahrnehmen, bemerken, das sagt normalerweise mehr über uns selbst aus als über die Welt selbst.

Das zu akzeptieren erfordert einen gewissen Mut, denn das Leben wird dadurch um einiges komplizierter.

Wer sich den Projektionsmechanismus nicht klarmacht, kann sich hemmungslos über andere aufregen. Über die ganzen Idioten da draußen, die Menschen, die immer egoistischer oder unzuverlässiger werden, über die bösen Banker oder über die korrupten Politiker. Oder man kann lästern und über andere herziehen, dass es nur so kracht.

Das ändert sich, sobald man versteht, dass wir alle projizieren. Dann wird vieles zwar komplizierter, weil man nicht mehr so gedankenlos über andere urteilen kann, weil man sich ja immer fragen muss: „Ist das jetzt gerade meine Projektion?“ Das heißt, man kann es sich nicht mehr so einfach machen wie vorher. Die vielleicht vorher schwarz-weiße Welt bekommt dann ein paar mehr Graustufen.

Und dann wird man als Mensch ein Stück reifer, differenzierter und erwachsener. Und indem man sich immer öfter fragt: „Was hat das eigentlich mit mir zu tun?“, gewinnt man ein großes Stück Einfluss auf die eigenen Gefühle und dadurch auch Handlungsfähigkeit zurück. Denn was direkt etwas mit mir und meiner Gedanken- und Gefühlswelt zu tun hat, kann ich einfacher beeinflussen und ändern als zum Beispiel das Verhalten anderer Menschen.

Dazu ein Beispiel: Ich persönlich habe mich jahrelang höllisch darüber aufgeregt, dass Menschen im Supermarkt ihren Einkaufswagen mitten im Weg stehen lassen. Ich würde so etwas nie machen, weil ich das fürchterlich gedanken- und rücksichtslos finde. Bis ich irgendwann herausgefunden habe, dass ich grundsätzlich Schwierigkeiten damit habe, Menschen im Weg zu stehen oder zur Last zu fallen. Mmmhhh … interessant. Ich habe also meine eigenen inneren Einschränkungen auf andere Menschen projiziert und mich über sie aufgeregt. Seitdem ich weiß, woher es kommt, bleibe ich ganz entspannt bei Einkaufswagen, die mir im Weg stehen. Und ich habe gelernt, dass es o. k. ist, Freunden Umstände zu machen, weil das zum Geben und Nehmen zwischen Freunden dazugehört.

In dem Augenblick, in dem man die eigenen Projektionen aufdeckt, wächst man als Mensch und man wird stärker und flexibler.

Deswegen möchte ich Sie heute dazu einladen, sich auf die Suche nach Ihren Projektionen zu machen. Stellen Sie sich doch öfter mal die Fragen:

  • „Was hat das eigentlich mit mir zu tun?“
  • „Werfe ich dem anderen gerade vor, was ich selbst in mir trage oder sogar lebe?“
  • „Oder werfe ich dem anderen etwas vor, was ich mir selbst nicht erlaube?“
  • „Oder werfe ich dem anderen etwas vor, dass er etwas hat oder kann, was ich nicht habe oder kann?“

Wie schon gesagt: Solche Fragen zu stellen, erfordert Mut. Aber das ist es ja, was Persönlichkeitsentwicklung ausmacht. Den Mut zu haben, sich selbst besser kennenzulernen, auch wenn es manchmal nicht so schmeichelhaft ist. Denn das ist ein Schritt in Richtung emotionaler Freiheit.

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