Die erste Hälfte meines 4-wöchigen Experiments ist schon vorbei. Die Zeit vergeht wirklich wie im Flug und ich muss sagen, mir fällt es gerade überhaupt nicht schwer, dranzubleiben.
Bevor ich das Experiment offiziell gestartet habe, habe ich ja 10 Tage lang noch mit unterschiedlichen Meditationsmethoden experimentiert. Dadurch habe ich inzwischen schon ein bisschen ein Gefühl für Meditation bekommen.
Der Tag 1 meiner Notizen ist insgesamt also schon Tag 11 meiner Meditationserfahrungen. Aber es ist eben der 1. Tag des Versuchs mit nur einer Meditationstechnik: 15 Minuten sitzend meditieren und sich dabei rein auf den Atem fokussieren. Das so weit nur als Hintergrundinfo.
Ich habe überlegt, wie ich meine Erlebnisse bis hierhin wohl am besten mit Ihnen teilen kann. Und ich habe mich dazu entschlossen, keine Zusammenfassung zu schreiben, sondern Sie einfach einen Blick in meine Notizen werfen zu lassen. Denn nach jeder einzelnen Meditation habe ich aufgeschrieben, wie es so für mich war.
Hier mal ein kleiner und unverhüllter Einblick:
Tag 1: Kein perfekter Start
Ok, das mit dem Früher-Aufstehen hat noch nicht so gut geklappt … Der Biorhythmus war vom Wochenende noch etwas durcheinander. Aber ich habe mich einfach morgens sehr beeilt, um dann, nachdem ich geduscht und eine Kleinigkeit gefrühstückt hatte, noch etwas Zeit für die Meditation zu haben. Kein perfekter Start.
Nach der Meditation fühle ich mich aber sehr viel wacher. So, als ob die Sinne geschärft wären. Ich habe gefühlt eine sehr viel offenere Wahrnehmung. Ich merke das besonders auf dem Weg zur Arbeit. Seit 2 Jahren nehme ich denselben Weg. Heute fallen mir erstmals Dinge auf, die ich vorher noch nie bemerkt habe.
Tag 2: Müdigkeit vs. Konzentration
Heute bin ich sehr müde. Scheinbar ist es so, dass Müdigkeit nicht gerade dabei hilft, seine Aufmerksamkeit zu fokussieren.
Mein Kopf quatscht richtig viel. Das ist echt heftig. Ich versuche mir selbst ein wenig zu helfen, indem ich mir beim Atmen „einatmen“ und „ausatmen“ in Gedanken vorsage. Aber es ist kaum möglich, meinen Kopf für eine längere Zeit zur Ruhe zu bringen. Er fängt einfach immer wieder an zu reden …
Das hätte ich gar nicht so erwartet. Hätte gedacht, wenn man müde ist, hält vielleicht auch mal der Verstand seine Klappe.
Tag 3: Etwas auf der Seele
Heute lag mir etwas auf der Seele. Und ich merke, der Verstand ist sehr mächtig, er drängt sich immer wieder mit den gleichen Fragen auf.
Vielleicht liegt es auch daran, dass ich es heute mal abends meditiert habe. Ich habe das Gefühl, mein Kopf ist dann voller.
Auf jeden Fall hatte ich nicht so das „Erfolgsgefühl“, meinen Verstand ein wenig zur Ruhe gebracht zu haben. Wenn ich mir nicht ständig „einatmen/ausatmen“ in Gedanken vorgesagt hätte, wäre wohl gar nichts gegangen. O. k., gehört wohl dazu.
Tag 4: Hollywood in meinem Kopf
Heute hatte ich alle Ruhe und genug Zeit. Aber mein Kopf ist besser als manch Drehbuchautor in Hollywood. Ständig produziert er gedanklich „neue Filme“ und ich versinke da manchmal so tief drin, dass ich selbst erschrecke, wie ich denn jetzt gerade dort gelandet bin.
Ich merke, ich brauche einen besseren Start. Denn sobald ich meine Augen schließe, fängt in mir der Gedankenfluss unaufhaltsam an. Ich brauche vielleicht doch ein Startsignal am Anfang, damit ich mich gleich von Beginn an bewusst auf meinen Atem konzentrieren kann. So kann ich hoffentlich am Anfang einen guten „Anker“ setzen, zu dem ich im Laufe der Meditation dann immer wieder zurückkehren kann. Mal gucken, wie ich das bewerkstelligen kann.
Tag 5: Erste „Erfolgserlebnisse“
Heute ist es mir gut gelungen, meine Gedanken wahrzunehmen und zu benennen und dann zu meinem Atem zurückzukehren. Zwischendurch war ich sogar so entspannt und auf meinen Atem fokussiert, dass ich fast sitzend weggenickt bin. Zweimal wurde die Schwerkraft auf meinen Kopf immer stärker und ich musste meinen Kopf wieder aufrichten.
Eigentlich ein ganz gutes Signal, glaube ich, denn ich war echt ganz schön entspannt.
Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass ich ein wenig verschnupft bin und gefühlt wenig Energie habe.
Tag 6: Aufregung
Heute zu meditieren war ganz schön schwer, weil ich die ganze Zeit innerlich aufgeregt war. Deshalb schweiften auch meine Gedanken ständig ab. Es war schwierig, sich zu konzentrieren heute, und die 15 Minuten waren gefühlt auch sehr lang.
Tag 7: Ein Anfangsritual
Das lief richtig gut. Am Anfang bin ich wieder komplett abgedriftet. Sobald ich mich hinsetze und die Augen schließe, geht bei mir sofort der Gedankenfluss los.
Deshalb habe ich mich jetzt entschlossen, noch ein Anfangsritual mit einzubauen, bei dem ich von 10 bis 1 runterzähle und mich dabei ganz bewusst auf die Atmung konzentriere. Ich kriege es sonst nicht so richtig hin, mich von Anfang an auf die Atmung zu konzentrieren. Da brauche ich noch so ein Hilfsmittel.
Während der Meditation hatte ich wieder extrem viele Gedanken. Aber diesmal habe ich dann angefangen, den Gedanken, der mir gerade durch den Kopf geht, wahrzunehmen, und dann habe ich ihn ganz bewusst benannt. Also ich habe mir dann gesagt: „Ich denke gerade über XY nach.“
Das habe ich eine Zeit lang durchgehalten. Und dann passierte was Spannendes. Plötzlich war es so, dass ich wusste: „Ah, o. k., jetzt ploppt gleich schon der neue Gedanke hoch“, und den habe ich dann auch einfach kurz wahrgenommen und benannt und der ging dann einfach wieder weg. So habe ich dann in mich reingehorcht und mich gefragt, welcher könnte denn jetzt als Nächstes kommen? Und dann habe ich irgendwann gemerkt: „Oh, das sind jetzt insgesamt 6 unterschiedliche Gedanken. Sachen, die mich gerade beschäftigen und wo ich drüber nachdenke. Aber das sind auch wirklich nur diese 6 Stück.“ Als ich die dann alle einmal durchhatte, da haben die mich dann kurz in Ruhe gelassen und dann konnte ich mich sehr gut auf die Atmung konzentrieren.
Dann ist mir was passiert, was an Tag 5 schon mal vorgekommen ist. Und zwar hatte ich während der Meditation ganz plötzlich das Gefühl, der „Fahrstuhl“ fährt jetzt eine Etage tiefer. Das merke ich dann daran, dass die Schwerkraft auf meinen Kopf immer anziehender wird … Dann schrecke ich innerlich auf und merke: „Boa, jetzt warst du gerade ganz woanders.“ Dieses Gefühl ist ganz interessant. Ich weiß noch nicht so genau, was das ist, aber auf jeden Fall hilft es mir dabei, mich auf die Atmung zu fokussieren.
Tag 8: Müdigkeit ist hinderlich
Heute lief es total schlecht. Ich bin ziemlich müde. Ich habe mich kaum auf den Atem fokussieren können, weil mein Kopf sooo voll war mit Gedanken, dass ich da die ganze Zeit an zwei Gedanken festgehangen bin und mich darin verheddert habe. Aber das ist nun schon das 2. Mal, dass ich die Erfahrung mache: Müdigkeit ist fürs Meditieren eher hinderlich.
Tag 9: Die äußeren Umstände sind wichtig
Normalerweise hab ich morgens immer meine Ruhe. Aber heute ist mein Mitbewohner mal ein bisschen früher aufgestanden als sonst und hat sich gedacht, ‘ich rumpel mal in der Küche rum und pfeife dabei laut irgendwelche unerkennbaren Lieder’ …
Das hat mich sehr, sehr abgelenkt am Anfang. Weil ich ständig Geräusche gehört habe und mein Kopf anfing, sich auszumalen, wann er wohl ins Zimmer reinplatzt … Eine neue Lernerfahrung: Das richtige Umfeld ist ganz schön wichtig! Das kann nämlich sehr ablenkend sein, wenn die äußeren Bedingungen mal nicht optimal sind.
Aber ansonsten habe ich heute gemerkt, dass es wichtig ist, dass man Gedanken zwar wahrnimmt, ihnen aber nicht ganz freien Lauf lässt. Die Gedanken wahrzunehmen ist was anderes, als sie laufen zu lassen. Wahrnehmen heißt nicht, ich lasse mich auf den Gedanken ein und denke ihn komplett bis zum Ende. Sondern ich versuche beim Wahrnehmen immer zusammenzufassen „O. k., worum gehts hier bei dem Gedanken?“ Das benenne ich und dann versuche ich den Fokus wieder auf den Atem zu richten.
Beim Benennen geht es mir darum, den Gedanken sozusagen „von oben“ zu beobachten. Und sich nicht gleich voll auf ihn einzulassen. Denn ansonsten schweife ich wieder total ab und verliere die Konzentration auf den Atem.
Trotz der Ablenkung von außen und wie immer abschweifender Gedanken war das eigentlich ganz o. k. heute 😉
Tag 10: Wecker gestellt?
Das neue Anfangsritual mit dem Zählen habe ich gut durchgezogen. Bin dadurch wirklich besser reingekommen. Habe immer gleich versucht, die Gedanken zu benennen, also mehr so aus der Beobachterperspektive. Das ging in den meisten Fällen ganz gut, aber natürlich nicht immer. Die Gedanken flossen und flossen. Viel Belangloses. Hatte kaum die Möglichkeit, mich für längere Strecken mal auf den Atem zu konzentrieren, weil immer neue Gedanken nachkamen.
Gen Ende der Meditation war ich schon seeehr entspannt. Aber irgendwann habe ich mich dann auch gefragt: „Das waren doch schon viel mehr als 15 Minuten jetzt, oder? Habe ich mir den Wecker wirklich gestellt?!“ Die Zeit ging also langsam vorbei.
Tag 11: Erste Zweifel
Heute war ich von Anfang an sehr klar im Kopf. Das Anfangsritual ist sehr hilfreich. Und die Gedanken konnte ich auch sehr gut benennen, auch wenn ich an einem Gedanken ziemlich lange „kleben“ geblieben bin. Gefühlt schaffe ich es immer noch nur für sehr kurze Zeit, mich auf den Atem zu konzentrieren. Also wenn ich es beziffern müsste, waren es heute von den 15 Minuten gefühlt nur 2, in denen ich es geschafft habe, mich wirklich nur aufs Atmen zu konzentrieren.
Das ist irgendwie ein wenig frustrierend. Meine „Fortschritte“ sind jetzt nicht so die größten. Ich hoffe einfach, dass das mit der Zeit besser wird …Aber heute tritt zum ersten mal deutlich mein Zweifler auf den Plan. Ich frage mich zum ersten Mal, was das eigentlich bringen soll. Jetzt verstehe ich wieder ganz deutlich, warum das mit dem Meditieren und mir bisher nie so recht zusammengepasst hat. Ich konnte mir bisher einfach nie vorstellen, was es bringen soll, sich einfach nur ruhig hinzusetzen und sich auf den Atem zu konzentrieren. Diese Zweifel von früher kommen jetzt wieder in mir hoch und ich glaube, normalerweise wäre das jetzt so der Zeitpunkt, wo ich sagen würde: „Hm, so richtig überwältigend ist diese Erfahrung jetzt nicht. Ich schlafe morgens doch lieber wieder 20 Minuten länger …“ Aber zum Glück habe ich mich ja zu diesem Experiment verpflichtet und muss da jetzt durch 😉
Mein Verstand springt mir helfend zur Seite und sagt mir, dass es auf jeden Fall was bringt. Das zeigen die vielen Untersuchungen ja ganz deutlich.
Also erstmal weiter im Programm und schauen, ob es sich vielleicht noch weiterentwickelt.
Tag 12: Ich brauche Ruhe
Heute war gar nix. Nur Gedanken und und vor allem Listen im Kopf. Die Zeit verging wie im Flug. So richtige Konzentration war nicht da. Heute war auch wieder einiges um mich herum los. Das ist grundsätzlich nicht so gut. Es fällt mir leichter, wenn ich meine Ruhe habe.
Tag 13: Gedanken …
Gedanken, Gedanken … Nichts als Gedanken.
Tag 14: Die wahre Kunst
Heute lief es zur Abwechslung mal wieder ganz gut. Auch wenn die Gedanken natürlich immer noch abschweifen, habe ich es geschafft, mich selbst zu unterbrechen und mich wieder auf den Atem zu konzentrieren. Ich merke immer mehr, dass das die eigentliche Kunst ist: Sich selbst in seinem Gedankenfluss zu erkennen und unterbrechen zu können.
Den Fokus auf den Atem zu halten ist allerdings gar nicht so leicht. Denn das ist etwas vergleichsweise „Langweiliges“ bzw. man unterschätzt es so leicht und denkt, es wäre einfach. Aber genau das ist es für mich nicht. Das ist für mich die nächste Stufe. Ich will es nicht nur schaffen, selbst zu bemerken, wenn ich gerade gedanklich abschweife, sondern den Fokus möglichst lang auf dem Atem halten können.
Ein kleines Fazit
Ich weiß nicht, ob Sie meinen allerersten Beitrag zu diesem Experiment gelesen haben. Dort hatte ich ja für mich auch gewisse Erwartungen mit diesem Experiment verknüpft.
Nämlich, ob es mir mit Hilfe der Meditation auch gelingt:
- weniger „Listen“ und „To-dos“ in meinem Kopf herumschwirren zu haben, leichter abschalten zu können
- mich besser zu konzentrieren, oder
- weniger Verspannungen zu haben.
Was ist aus diesen Vorsätzen vom Anfang geworden?
Viele Leser schrieben mir schon zum ersten Beitrag Kommentare, ich sollte das Ganze am besten ohne Ziele und Erwartungen angehen, es gehe um die Erfahrungen und nicht um das Ergebnis.
Und ich muss sagen, das war für mich wirklich ein wertvoller Tipp. Denn bisher macht es mir auch einfach so Spaß, auch wenn ich nicht gezielt nach Effekten schaue.
Außerdem habe ich während dieser ersten 14 Tage gelernt, was es heißt, seine Gedanken wahrzunehmen und zu benennen. Das ist wirklich hilfreich. Ebenso finde ich so ein „Anfangsritual“ zum Reinkommen in die Meditation sehr sehr hilfreich. Mein Anfangsritual ist das Runterzählen von 10 bis 1, und das mit dem Atem verbunden.
Was ich noch bemerkt habe: Die äußeren Rahmenbedingungen spielen eine große Rolle. Genug Zeit und Ruhe sind wirklich wichtig. Das habe ich aber erst herausgefunden, als die Rahmenbedingungen mal nicht so stimmten.
Insgesamt habe ich schon das Gefühl, durch die morgendliche Meditation „aufgeräumter“ in den Tag zu starten. Und das hilft mir dann auch über den Tag hinweg, mich mehr auf die wichtigen Sachen zu fokussieren.
Auch wenn die Meditationseinheiten selbst noch besser laufen könnten und ich ab und an auch mal etwas zweifle … Ich denke, die nächsten 2 Wochen werden sicherlich noch mal interessant, und ich bin gespannt, ob sich das Meditieren danach für mich als eine neue Lebensgewohnheit etablieren wird oder nicht.
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