„Meine Kollegin jammert den ganzen Tag vor sich hin“, „Bei X darfst Du niemals fragen, wie es ihm geht – der betet ständig alle möglichen Krankheiten runter und hört gar nicht mehr auf“, „Bei uns im Großraum ist die Luft zum Schneiden: Am Telefon sind alle bemüht freundlich, aber sobald der Hörer aufgeknallt ist, motzt jeder vor sich hin“, „Ich mag schon gar nicht mehr zur Arbeit gehen. Klar haben wir viel zu viel zu tun. Aber am schlimmsten ist die mies gelaunte Fresse meines Kollegen.“
Mit derlei Situationen wird wohl jeder im Berufsleben konfrontiert. In vielen Firmen ist es leider fast schon der Normalfall. – Selbst ist man allerdings nicht ganz unschuldig, wenn es dazu kommt. Denn auch wenn man nicht zu der Fraktion der Jammerer und Nörgler gehört, so ist mitmachen oder still daneben stehen (und sich innerlich ärgern) nicht viel besser!
„Störfaktoren“
Natürlich geht es einem mal nicht gut: Sei es, weil man mit dem falschen Fuß aufgestanden ist und daher miese Laune hat oder weil man einfach gerade in einer Frustphase steckt. Doch ehe man sich versieht, wird so was schnell zum Dauerzustand. Und das ist eine Attacke auf die Lebensqualität – die eigene und die aller anderen, mit denen man zu tun hat.
Das Schlimme ist, dass sich derlei Verhalten nie nur in den Büroräumen abspielt, sondern immer weitreichendere Kreise zieht. Wer sich im Beruf ärgert, runterzieht, schlecht fühlt, wird entsprechend bedrückt oder aufgeladen in die Freizeit gehen. Und damit ist nicht nur Gefühlsleben und Einstellung vorprogrammiert, sondern es wirkt sich auch auf die Umwelt aus.
Ein Beispiel: Im Büro war miese Stimmung, Kollege A geht aggressiv raus, Kollegin B ist niedergeschlagen.
A stampft zur U-Bahn, rempelt beim Einsteigen gedankenlos die Leute an und spürt seine Wut immer mehr. Beim Einkaufen trippelt er nervös und laut stöhnend in der Warteschlange und schnauzt die Kassiererin an. Zu Hause ist er mürrisch und einsilbig mit seiner Frau und hat keinen Bock auf seine Kinder, die ihn sofort belagern. Nie hat man seine Ruhe!
B will nur noch nach Hause auf die Couch. Eigentlich wollte sie einen Mädelsabend mit ihrer besten Freundin machen, aber sie kann sich beim besten Willen nicht aufrappeln. Also sagt sie der Freundin kurzfristig ab – die ist sauer, weil sie sich den Abend extra freigehalten und sich darauf gefreut hat. B haut sich vor den Fernseher, isst als Trostpflaster eine Tafel Schokolade und ihr graut schon jetzt vorm nächsten Tag bei der Arbeit.
Schon bei diesem konstruierten Beispiel wird klar, wie stark das Miteinander und die Stimmung im Büro sich auf Persönlichkeit und Lebensqualität auswirken. Achten Sie auch gleich mal drauf, wer in diesem kurzen Ausschnitt noch alles beteiligt war: Die Leute im Supermarkt zucken vielleicht mit den Schultern, aber auch hier ist sicher der eine oder andere dabei – allen voran die Kassiererin, die von dem hektischen und unfreundlichen Kunden beeinflusst wurde.
Darum nenne ich die Person, die nörgelt oder jammert, im Folgenden salopp „Störfaktor“, was die Eigen-Motivation und Auswirkung auf andere angeht.
Situation 1: Sie sind der Störfaktor
Wie wir auf Situationen reagieren, ist zum einen eine Typsache – zum anderen ist es erlerntes und angewöhntes Verhalten.
So gibt es Menschen, die von Haus aus eher positiv sind und auf stressige Situationen sehr „aufgeräumt“ reagieren. So jemand würde beispielsweise seufzend auf seinen überladenen Schreibtisch schauen, tief durchatmen und sagen „Hilft ja nix … los geht’s“ – und dann werkeln.
Andere werden eher kopflos und wissen tatsächlich nicht mehr, wo hinten und vorne ist. Dann ist es häufig ein Hilfeschrei, sich zu beklagen, oder einfach nur ein Zeichen der Hilflosigkeit.
Wie ist es bei Ihnen? Sind Sie eher der Typ, der vor sich hin arbeitet – auch wenn es eine ungute Situation ist und Sie sich gestresst fühlen? Der, wenn es andere betrifft, lieber das offene Gespräch sucht, um eine gestörte Atmosphäre zu klären? Der zu viel Arbeitslast durch Terminverschiebungen oder die Bitte um Unterstützung zu entzerren versucht?
Oder gehören Sie eher zu einer dieser Fraktionen:
- Ich lasse meinen Unmut offen raus (Türen schlagen, Akten auf den Tisch werfen, Hörer aufknallen …).
- Ich sage nichts, lasse aber durch Körpersprache und Mimik/Gestik deutlich erkennen, was ich denke (Augen rollen, verkniffener Mund, mich von anderen abwenden oder einfach aus dem Zimmer gehen …).
- Ich tendiere zum Jammern, indem ich vor mich hin rede oder mich an Kollegen wende („Was soll ich noch alles machen?!“, „Ich hab so viel zu tun!“, „Das schaff ich alles nie!“, „Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll!“).
So ein Verhalten ist immer schwierig, weil
- es die Situation verschlimmert (statt die Arbeit anzupacken, vergeudet man Zeit und Konzentration mit schimpfen, jammern oder nörgeln),
- es Ihre Kräfte und Motivation vermindert (wenn man sich überfordert fühlt, verstärkt man dieses Gefühl erst noch; wenn man sich schlecht fühlt, konserviert man dieses Gefühl und redet sich noch mehr ins Elend),
- man sich selbst konstant runterzieht (z. B. jemand fühlt sich im Job unterfordert und skandiert innerlich acht Stunden am Tag „Ich Arme, ich bin ja so unterfordert und habe einen Scheißjob“),
- das eigene Image leidet (der/die jammert oder schimpft immer nur, anstatt lösungsorientiert heranzugehen; die Person ist offenbar überfordert mit ihrer Arbeit; sie ist rücksichtslos, weil sie uns ständig ihren Launen aussetzt),
- Beziehungen gestört werden (man wird von Kollegen gemieden, weil man so negativ oder rücksichtslos ist oder weil man ständig statt seine Arbeit zu machen irgendwelche Storys vor sich hin brabbelt).
Beobachten Sie sich einmal eine ganze Woche aufmerksam im Arbeitsalltag und finden Sie heraus, wie Sie selbst sich so verhalten.
Ich kenne sehr viele Menschen, denen Jammern und Nörgeln auf den Senkel geht, die gleichzeitig aber gar nicht bemerken, dass sie oft genauso reagieren.
Wenn Sie sich dabei ertappen, hin und wieder vor sich hin zu schimpfen oder laut herumzunörgeln, dann versuchen Sie einmal den offensiveren Weg:
- Formulieren Sie – für sich selbst –, was Sie gerade ärgert, nervt oder demotiviert. Es hilft sehr, wenn Sie das aufschreiben. Das nimmt die Schärfe des Augenblicks und Sie gewinnen an Sachlichkeit.
- Überlegen Sie, wer oder was Ihnen dabei helfen kann, die Situation zu lösen.
- Sofern es nur an der Tagesform liegt und Sie heute einfach auf dem Trip sind, dass die Welt schlecht ist, tun Sie sich etwas Gutes! Reißen Sie das Fenster auf, holen Sie tief Luft, gönnen Sie sich eine schöne Tasse Kaffee. Mir hilft in solchen „Ach-menno-Phasen“ die gute alte Schokolade oder ich greife zum Telefonhörer und plaudere kurz mit einem netten Menschen. Bei guten Freunden sage ich schon mal: „Ich leide gerade an der Welt. Erzähl mir was Gutes!“
- Sagen Sie freundlich und sachlich, was Sie ärgert.
Sofern Sie zu den Menschen gehören, die dauernd jammern und nörgeln, dann wissen Sie das bereits. Hier gibt es nur die Empfehlung, dass Sie sich einmal näher damit befassen, warum das so ist. Denn solche Jammereien können
- reine Gewohnheit sein
- eine erlernte und erprobte Methode darstellen, damit andere einen bemitleiden oder einem beispringen,
- ein Appell an die Umwelt sein, sich um einen zu kümmern,
- tatsächliche Überforderung sein und ein Mangel, mit solchen Angst- oder Belastungsgefühlen konstruktiv umzugehen.
Beobachten Sie sich im Alltag, horchen Sie in sich hinein und schreiben Sie sich einmal in Ruhe alles auf, was Ihnen zu diesem Thema und Ihrer Persönlichkeit und Erfahrung einfällt. Dieses Bewusstmachen ist ein erster wichtiger Schritt, in ein konstruktiveres Fahrwasser zu kommen.
Führen Sie sich die negativen Auswirkungen dieser Verhaltensweise vor Augen, ziehen Sie die Jammer-und-Nörgel-Handbremse und trainieren Sie die oben empfohlenen konstruktiveren Handlungsweisen.
Situation 2: Ein Kollege ist der Störfaktor
Wenn im Kollegenkreis jemand immer jammert oder schmollt oder lautstark schimpft, dann ist das oft sehr schwierig. Die Konsequenzen sind meist weitreichend:
- Die betreffende Person ist nicht besonders beliebt, man distanziert sich, weil man genervt ist oder sich einfach nicht ständig runterziehen lassen möchte.
- Man ist in der eigenen Arbeit gestört („Ständig kommentiert er alles, was er tut, ich kann mich gar nicht konzentrieren!“, „Meine Kollegin ist dauernd am Telefon und jammert jedem die Hucke voll. Ich kenne schon alles auswendig, weil ich es täglich zigmal mit anhören muss!“).
- Man verliert jegliches Mitgefühl („Wenn er/sie nicht dauernd jammern würde, wie viel zu tun ist, sondern zur Abwechslung mal ARBEITEN würde, würde sich auch nicht alles stapeln.“).
Solche Gefühle führen oft dazu, dass man es dem anderen zwar übelnimmt, dass er die Atmosphäre vergiftet und durch seine Haltung und sein Verhalten demotiviert, aber einfach kein klärendes Gespräch suchen kann oder möchte.
Doch genau das ist das Einzige, was hilft. Wenn sich im Kollegenkreis jemand so demotivierend verhält, dann gibt es nur diese Lösung:
Ein offenes, sachliches und freundliches Gespräch unter vier Augen, bei dem Sie Klartext reden und
- das Verhalten und die Auswirkungen ansprechen,
- sich durchaus dafür interessieren, was der Knackpunkt ist und wie es der Person geht,
- je nach Anliegen Unterstützung anbieten (entweder eigene oder in Form von einem Lösungsangebot, wie der Kollege das Problem besser angehen kann),
- aber auch klar sagen, wenn was nicht geht (also zum Beispiel ständiges Vor-sich-hin-Schimpfen oder Augenrollen etc.) und inwiefern es Sie und die gesamte Atmosphäre im Büro beeinflusst.
Achtung: Je länger man so ein Gespräch aufschiebt, desto mehr staut sich eigene Aggression auf – und damit ist eine konstruktive Konfrontation so gut wie unmöglich.
Konstruktiv mit Frust umgehen!
Ich hoffe, wir sind uns einig, dass es nicht darum geht, immer ein fröhliches Gesicht aufzusetzen, auch wenn einem nicht danach ist. Natürlich geht es einem mal schlecht, möchte man alles hinwerfen oder man hat einfach Knatsch oder mit persönlichen Schwierigkeiten zu kämpfen.
Aber es ist wichtig, konstruktiv mit den Hindernissen oder schlechter Stimmung umzugehen. Sonst steigert man sich immer weiter hinein – was die Situation nur noch verschlimmert.
In meiner früheren Firma hatten wir ein Großraumbüro für zwölf Vertriebsmitarbeiter. Einmal war die Stimmung total am Tiefpunkt: Der Umgangston litt und die schlechte Atmosphäre war spürbar. Das spitzte sich so zu, dass ich mit jedem Mitarbeiter ein persönliches Gespräch führte und fragte: „Wie geht’s Dir?“ und „Wo ist das Problem?“.
Jeder Einzelne gab an, dass er persönlich nichts habe, ihm nur die schlechte Stimmung der anderen zu schaffen mache! Anschließend machten wir ein Abteilungsmeeting und ich konnte mitteilen: „Gute Nachricht. Allen geht’s gut. Jeder denkt allerdings, dass der jeweils andere irgendwas hat.“
Diese Situation war für alle gleichzeitig erheiternd und ziemlich absurd: Ein Teufelskreis von schlechter Stimmung, Zurückhaltung, Vor-sich-hin-Nörgeln hatte sich ausgebreitet, obwohl es gar keinen richtigen Auslöser gab. Das Problem war hausgemacht.
In diesem Fall ließ sich die Sache einfach lösen: Jeder war sensibilisierter für das eigene Verhalten und die Leute erinnerten sich gegenseitig, wenn wieder mal einer gewohnheitsmäßig zu schimpfen begann.
Diesen Teufelskreis, sich noch weiter zu demotivieren, kann man auch umdrehen und Hilfsbereitschaft, konstruktive Gespräche und lösungsorientierte Überlegungen zum Selbstläufer werden lassen.
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